“Gut und Böse” - darwinisch gedacht? (Warum die Biologie nicht zur Klärung moralischer Kategorien beitragen kann)
Zusammenfassung:
Eine mögliche Ursache für psychosomatische Beschwerden sind Konflikte zwischen moralischen Normen und deren individueller Verwirklichung oder Umsetzbarkeit. "Gut und Böse" sind
solche ethischen Grundkategorien, die sich vor allem auf menschliches Verhalten beziehen und menschlicher Kultur entstammen. In den letzten Jahren wird jedoch unter anderem unter dem Stichwort "Biologie
prosozialen Verhaltens" darüber diskutiert, inwieweit biologische Befunde aus dem Tierreich zur Klärung und Abgrenzung solcher ethischen Kategorien und ihrer Genese beitragen können.
In diesem Artikel werden die Ausdrücke "gut" und "böse" zunächst auf verhaltensbiologische Termini wie Agonismus, Aggression und Gewalt einerseits und Kooperation und
Altruismus andererseits bezogen, auf der Grundlage aktueller verhaltensbiologischer und evolutionsgenetischer Erkenntnisse. Der Verhaltensbegriff als solcher wird kritisch untersucht und die Schwierigkeit
definitorischer Festlegungen für die Übertragung auf humanwissenschaftliche Fragestellungen aufgezeigt. Auf die Problematik von Ausdrucksweisen wie "Egoistisches Gen" (Richard Dawkins) oder
"Kooperatives Gen" (Joachim Bauer) wird eingegangen. Es wird verdeutlicht, welche Risiken durch den unkritischen metaphorischen Gebrauch anthropomorpher Bezeichnungen und Begriffe entstehen und inwieweit
dadurch versteckte teleologische Sichtweisen gefördert werden, die die Illusion gemeinsamer Begriffe und Termini von Humanwissenschaften einerseits und Biologie andererseits nähren und im Widerspruch zu
naturwissenschaftlichem Denken stehen.
Zusammenfassend kommt der Artikel zu dem Ergebnis, dass es keine überzeugenden aus der Biologie abgeleiteten Argumente gibt, die zur Klärung von ethischen Kategorien wie "gut"
und "böse" beitragen könnten.
ausführlich in:
Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik (IZPP), 01/2009
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